25.07.-22.09. täglich 10 – 17 Uhr Besucherzentrum Vogelsang IP
Vom 25. Juli bis zum 22. September präsentierte Vogelsang IP die Sonderausstellung „Klänge des Lebens. Geschichten von Sinti und Roma. Eine Ge-Denk-Station„. Eine Ausstellung von Krystiane Vajda, Markus Reinhardt und dem Verein Maro Drom – Kölner Sinte und Freunde e.V. in Kooperation mit der Vogelsang IP gGmbH.
Die Open-Air Ausstellung vor dem Besucherzentrum von Vogelsang IP lässt Menschen zu Wort kommen, die als Sinti und Roma im Nationalsozialismus verfolgt wurden und den Völkermord überlebt haben. Angehörige der zweiten Generation berichten, welche Spuren dieses Menschheitsverbrechen bei ihnen selbst und innerhalb ihrer Familie hinterlassen hat. Die Präsentation ist in einem Oberlichtwagen (Baujahr 1958) installiert, der für die Sinti des Maro Drom – Kölner Sinte und Freunde e.V. ein Sinnbild für eine verschwundene Welt, eine Erinnerung an ihre Vorfahren sowie ein Ort der Selbstverständigung und der Begegnung ist.
Die Männer, die an den „NS-Ordensburgen“ ausgebildet wurden, waren Teil des nationalsozialistischen Vernichtungsapparates. Für Vogelsang IP ist das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ein wichtiges Anliegen. Die Wanderausstellung wird um regionale Schlaglichter auf das Thema ergänzt, denn auch in der Region um Vogelsang IP ist die Geschichte der Sinti und Roma eine von Diskriminierung und Ausgrenzung.
WDR-Bericht in der Lokalzeit vom 02.08. Mediathek (ca. ab Minute 11)
WDR-Bericht in der Lokalzeit vom 03.08. Mediathek (ca. ab Minute 10)
Podcast mit Krystiane Vajda und Markus Reinhardt inkl. einer Kostprobe der Musik des Markus-Reinhardt-Ensembles.
Rahmenprogramm mit musikalischer Begleitung
Do, 25.07., 11-12:30 Uhr Eröffnungsfeier zur Sonderausstellung
Einführung in die Ausstellung und das Interview-Projekt mit Überlebenden und deren Nachfahren.
Schriftliches Grußwort: Schirmherr Martin Schulz
Moderation: Krystiane Vajda und Thomas Kreyes
Musik: Markus-Reinhardt-Ensemble
Gast: Zeitzeuge Christian Pfeil aus Trier, der im Januar anlässlich des Holocaust-Gedenktages vor der UNO in New York gesprochen hat.
Do, 15.08. 17:30 Uhr Zeitzeugenabend mit musikalischer Begleitung
Krystiane Vajda im Gespräch mit Piruschka und Mario Triska aus Stolberg bei Aachen
Musik: Familie Triska
Vorab: Führung durch die Ausstellung ab 16 Uhr
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So, 01.09. 17:30 Uhr 85 Jahre nach Beginn des 2. Weltkriegs (abgesagt)
Ansprache: Kurt Beck
Krystiane Vajda im Gespräch mit dem Zeitzeugen Bruder Lukas Ruegenberg
Musik: Lulo Reinhardt und Yuliya Lonskaya
Vorab: Führung durch die Ausstellung ab 16 Uhr
So, 08.09. 12:00 bis 16 Uhr Tag des offenen Denkmals
Mitmachaktion in der Holzdruckwerkstatt der Künstlerin Krystiane Vajda, gemeinsam mit Sebastian Hermida. Der Holzdruck war ein traditionelles Handwerk der Sinte und Roma. Der bekannte Künstler Otto Pankok schuf in den 1930er Jahren auf dem ehemaligen „Zigeunerplatz“ in Düsseldorf zahlreiche Holzdrucke und Kohlezeichnungen von dort lebenden Sinte, darunter das Mädchen Ehra, das 1940 in ein KZ im besetzten Polen deportiert wurde und zu den wenigen Überlebenden gehörte. Ihre Töchter, Jenny und Jeanette, wurden im Rahmen des Projekts „Klänge des Lebens“ interviewt, und die Interviews sind in der Ausstellung im historischen Oberlichtwagen beim Besucherzentrum und auf der Empore im Besucherzentrum zu sehen.
So, 22.09. 15:00 Uhr Finissage mit Special Guest Stefan Brings
Krystiane Vajda im Gespräch mit dem Zeitzeugen Christian Pfeil aus Trier
Präsentation der Druckgrafiken der Workshops mit den Jugendlichen
Grußworte: Dr. Lale Akgün und Dr. Benjamin Limbach, Minister der Justiz des Landes NRW
Schlusswort: Thomas Kreyes
Musik: Markus-Reinhardt-Ensemble mit Christian Pfeil
Grußwort von Martin Schulz, Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste,
es ist mir eine große Ehre und Freude, als Schirmherr dieser bedeutenden Ausstellung und Veranstaltungsreihe zu sprechen. Sie erinnert uns an die dunkelsten Kapitel unserer Geschichte, die wir niemals vergessen dürfen: Die Verfolgung und Ermordung der Sinti, Roma und Jenischen durch die Nationalsozialisten.
In der Ausstellung „Klänge des Lebens“ werden uns die persönlichen Geschichten von Betroffenen präsentiert. Überlebende des Völkermords teilen ihre bewegenden und erschütternden Erlebnisse mit uns. Doch nicht nur sie kommen zu Wort, sondern auch Angehörige der zweiten Generation berichten über den Umgang ihrer Familien mit den schrecklichen Nachwirkungen dieses grausamen Verbrechens. Sie zeugen von dem materiellen und kulturellen Verlust, der auch das Leben der Kinder und Kindeskinder überschattet. Doch die Interviews sind auch beeindruckende Zeugnisse des Überlebenswillens, der Solidarität, des Muts und des Widerstands.
Durch historische Forschung wissen wir heute um das Ausmaß der Vernichtung und des Leids, das diesen Menschen widerfahren ist. Die Angehörigen der Minderheit der Sinti und Roma galten – wie die Juden – nach den „Nürnberger Rassegesetzen“ als „Fremdrasse“. Seit 1933 wurden sie systematisch aus der Gesellschaft ausgeschlossen, verfolgt, in Lager deportiert und zu Hunderttausenden ermordet. Viele Verbrechen sind bis heute nicht aufgeklärt, sodass Schätzungen der Opferzahlen zwischen 200.000 und 500.000 variieren. Es ist unsere Pflicht, diese Opfer nicht zu vergessen und ihren Geschichten Gehör zu verschaffen!
Die Ausstellung wird an einem für die Geschichte des Völkermords historisch bedeutsamen Ort gezeigt: In der Gedenkstätte IP Vogelsang, der ehemaligen NS-Ordensburg – ein Ort, der auf beklemmende Art und Weise die Verbindung von Rassenwahn, Machtmissbrauch, Verfolgung und Massenmord symbolisiert. Hier schulten die Nazis ihren Nachwuchs, jene Führungskader des Rassenwahns, die Täter. Heute wird er genutzt, um das Bewusstsein für die Gräueltaten der Vergangenheit zu schärfen und ein Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung zu setzen.
Es ist mir besonders wichtig zu betonen: Die strukturelle Diskriminierung der Sinti und Roma und anderer Minderheiten endete nicht einfach mit dem Neubeginn 1945, sondern geht weit über die NS-Zeit hinaus. Die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen berichten über diskriminierende Erfahrungen im Alltag. In der Schule, bei der Wohnungssuche und im Kontakt mit staatlichen Behörden erfahren Sinti und Roma noch immer Vorurteile und Benachteiligungen. Und sie berichten von der Angst vor dem Erstarken rechtsextremer Parteien. Dies muss uns alle aufhorchen lassen! Als Demokratinnen und Demokraten stehen wir zusammen gegen jene Kräfte, die die Demokratie aushöhlen und letztendlich beseitigen wollen.
In der Kultur der Sinti und Roma heißt es: „Die Alten sind unsere Bücher.“ Dieser Ausspruch verweist auf den Stellenwert einer reichen mündlichen Überlieferung, die oft in Liedern, Geschichten und Gedichten weitergegeben wird. Gerade die Musik spielt als „Kraftquelle“ nach dem Völkermord eine wichtige Rolle bei der Bewahrung der Identität und des Erbes der Sinti und Roma – ein Umstand, dem auch durch das herausragende musikalische Begleitprogramm Rechnung getragen wird.
Ich danke dem Verein „Maro Drom – Kölner Sinte und Freunde e.V.“, den Künstlern Markus Reinhardt und Krystiane Vajda sowie Karola Fings vom EL-DE Haus in Köln für ihr großes Engagement bei der Konzeption dieser bewegenden Ausstellung, ebenso allen Mitwirkenden des Begleitprogramms und allen Kooperationspartnern und Förderern.
Der Ausstellung wünsche ich in den kommenden Wochen und Monaten viele Besucherinnen und Besucher, die durch ihre Teilnahme die Erinnerung an die Vergangenheit lebendig halten. Möge sie dazu beitragen, dass wir gemeinsam eine offene und tolerante Gesellschaft stärken, in der Vielfalt geschätzt und Respekt gelebt wird. Dies scheint heute wichtiger denn je.
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